Woher kommt eigentlich das uralte Kunsthandwerk der “Battioro”, der Goldschläger?
Soviel ich weiß, kam sie rund um das Jahr 1000 von Byzanz nach Venedig.
Während einer meiner Fotoworkshops in Burma, dem heutigen Myanmar, hielten wir aber zu meiner Überraschung vor einer Goldschmiede an. Man weiß ja, dass Marco Polo während seiner Asienreise durch Burma reiste und, siehe da, in Mandalay wird Gold auf die gleiche Art und Weise verarbeitet, wie ich es auch in Venedig beobachtet habe! Sicher, die Umgebung und die klimatischen Bedingungen in denen die Handwerker arbeiten, unterscheiden sich. Ich habe aber so viele Ähnlichkeiten entdeckt, dass ich mich gefragt habe, ob diese uralte Kunst vielleicht einem gegenseitigen Einfluss ausgesetzt wurde. Birmanen bringen während ihres Gebets Goldblätter auf die Buddhastatuen oder den Goldenen Felsen an. Manche Buddhastatuen sind jahrhundertelang dermaßen mit Goldblättchen überzogen worden, dass ihre ursprüngliche Form kaum mehr zu erkennen ist. So groß ist die Andacht des birmanischen Volkes!
Zurück nach Venedig. Denken Sie daran, dass es in Venedig bis zum 18. Jahrhundert über 300 Goldschläger gab. Jeder Handwerker war für eine spezifische Phase der Produktion zuständig. Da ich so fasziniert bin von Menschen, die heute noch von diesen uralten Kunsthandwerken leben, habe ich meinen Freund Marino in der Nähe der Fondamente Nuove besucht, heute der letzte echte Goldschläger, der dieses traditionsreiche Handwerk mit all den Bearbeitungsprozessen weiterführt, die sich seit Jahrhunderten kaum verändert haben.
Überraschend ist auch der Ort in dem sich diese Werkstatt befindet, die heute „Mario Berta Battiloro“ heißt, da sie, man höre und staune, im einstigen Haus von Tiziano Vecellio untergebracht ist!!! Wir gehen also durch das das Tor dieses geschichtsreichen Gebäudes und sehen uns die Bearbeitung dieses Edelmetalls genauer an. Man beginnt mit dem Schmelzen des reinen oder mit anderen Materialien legierten Goldes, das in einem Tiegel geschmolzen wird und aus dem ein Goldbarren gegossen wird. Dann wird der Goldbarren (wissen Sie, wie „Tagliatelle“, Bandnudeln, aussehen?) zu einem meterlangen Band ausgewalzt. Aus dem Band werden anschließend kleine Quadrate ausgeschnitten, die in eine Schlagform gegeben und dann auf einem Marmorblock mit drei bis acht Kilo schweren Hämmern geschlagen werden, damit das Gold immer dünner wird. Das Blattgold wird letztendlich nochmals zugeschnitten und zur endgültigen Anwendung in Papierbücher gelegt.
Wie wird Blattgold heute angewendet?
Es wird immer noch für die Produktion von Mosaiksteinen, für Glasdekorationen und die Restaurierung von Fresken, aber auch in der Kosmetik- und Medizinbranche, letztlich aber auch in der Küche benutzt!
Auf dem Platz von San Stae, neben der Fassade der gleichnamigen barocken Kirche, die 1709 während der Regierungszeit des Dogen Alvise Mocenigo, errichtet wurde, befindet sich auf der linken Seite die Scuola dei Tiraoro e Battiloro (die Brüderschaft der Goldschläger), die sich hier 1711 etablierte, nachdem sie einst 1420 neben dem Platz Ss. Filippo e Giacomo gegründet worden war.
Diese noble Kunst der Bearbeitung von Edelmetallen geriet seit Napoleons Zeiten in Vergessenheit, lebt aber heute (eigentlich seit 1926, um es genau zu nehmen) im Haus von Tiziano Vecellio wieder auf!