Der Palazzo Loredan Vendramin Calergi
Sansovino beschreibt ihn als „sehr groß und hoch...sehr vornehm, da er neben der Raumanordnung im Innern eine mit griechischem Marmor verkleidete Fassade mit großen Fenstern besitz, deren Mittelsäulen korinthische Kapitelle aufweisen...“
Der Palazzo entstand im Auftrag Andrea Loredans, der den Bau dem Architekten Mauro Codussi aus Bergamo anvertraute.
Neueren Studien zufolge ist der Palast innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums entstanden, nämlich zwischen 1502 und 1509. Im Jahre 1509 war er bereits bewohnt. Sein riesiger Baukörper und seine raffinierte Ausstattung übertrafen zweifellos alle zeitgenössischen Gebäude.
Die dreigeteilte Fassade aus istrischem Marmor mit ihren zwei Reihen Zwillingsfenstern, die von zwei Rundbögen mit einem kleinen Okulus unter einem übergreifenden Bogen gebilded werden, spiegelt die Raumfolge wider, die dem venezianischen Wohnsitz eigen ist: Das erste und das letzte Fenster entsprechen seitlichen Zimmern, während der zentrale Repräsentationssaal, von dem aus alle anderen Räume des Stockwerkes erreicht werden, sich hinter den mittleren drei Fenstern verbirgt.
Codussi, der 1504 starb, konnte die Vollendung seines Werkes nicht mehr erleben. Er hinterließ aber so detaillierte Pläne, daß der Bau in letzter Konsequenz fertiggestellt werden konnte – wahrscheinlich von seinem Sohn Domenico, der auch andere Gebäude seines Vaters vollendete.
Die Geschichte des Palastes verläuft parallel zum Schicksal seines Auftraggebers und seiner späteren Bewohner. Andrea Loredan war eine sehr angesehene Persönlichkeit und bekleidete wichtige politische Ämter. Als er 1513 während der Liga von Cambrai zum Generalinspekteur des Herres, das in der Nähe von Vicenza Stellung bezogen hatte, ernannt wurde, setzt er, seinen nahen Tod viellelicht erahnend, sein Testament auf. Da er keine direkten Erben hatte, sollte der Palast unter Vorbehalt der Nutznießung seitens seiner Ehefrau Andrea, dem Sohn eines Cousins ersten Grades zufalle, mit der Verpflichtung, das Bauwerk stets in gutem Zustand zu halten, alle Kunstwerke zu bewahren und den Palast unter Beachtung des Erstgeburtsrechts seinen Erben zu vermachen.
Andrea Loredan fiel noch im selben Jahr bei Creazzo. Seine Erben erwiesen sich aber keinesweg den Idealen von Größe und Anstand der venezianischen Aristokratie würdig: 1581 erhielten sie vom Zehnerrat die Erlaubnis, den Palast an den Herzog von Brauschweig zu verkaufen, der ihn für 50.000 Dukaten erwarb.
Bereits zwei Jahre später ging das Gebäude in den Besitz von Guglielmo III. Gonzaga, dem Herzog von Mantua, über. Dieser wiederum verkaufte den Palazzo nach kurzer Zeit an einen reichen Handler namens Calergi, der aus Kreta stammte und dessen Familie jahrhundertelang die Herrschaft der Serenissima bekämpft hatte. Mit dem Kauf dieses Palastes wollte Calergi seine gesellschaftliche Stellung in der Stadt festigen und sich auf eine Stufe mit der venezianischen Aristokratie stellen.
Seine Totcher und Alleinbrin Marina hatte im Jahre 1608 den Adligen Vincenzo Grimani geheiratet. Grimani entstammte einer Familie, die sich antiker und tief verwurzelter kultureller Traditionen rühmte und unteranderem ein Museum antiker Skulpturen gegründet hatte. Diese Antikensammlung ordnete Vincenzo Scamozzi gegen Ende des Cinquecento in die Libreria Sansoviniana ein.
In ihrem Testament traf Marina Grimani Vorkehrungen für den Erhalt des Palastes und richtete einen Fonds ein. Außerdem setzte sie fest, daß der Besitz dem Erstgeburtsrecht unterliegen sollte und die Erben ihrem Familiennamen den Namen Calergi anhängen müßten.
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen der Adligen stand der Palast ernsthaft in Gefahr: 1681 metzelten die Erben Marinas, die für ihre Gewalttätigkeit bekannt waren, ihren Feind Francesco Querini Stampalia im Palazzo nieder. Es gab einen so großen Skandal, daß der Senat beschloß, die Schuldigen lebenslänglich zu verbannen, ihr Vermögen zu konfiszieren und ihren Wohnsitz zu zerstören, der jedoch wegen seiner besonderen Pracht nur beschlagnahmt wurde. Lediglich der Weiße Flügel wurde abgerissen. Den Grimani Calergi gelang es dank größerer Zahlungen allerdings, wieder in den Weißen Flügel wieder aufzubauen. Da es im Jahre 1739 keine Nachkommen gab, ging der Palazzo in den Besitz von Nicolò Vendramin über, der seinem Familiennamen den Namen Calergi anhängte. So erhielt der Palast den Namen, den er auch heute noch trägt. Die Vendramin schmückten die Innenräume mit Kunstwerken ihrer Familiensammlungenaus.
Als Maria Carolina, Herzogin von Berry, im Jahre 1844 den Palast von den letzten Vendramin erwarb, war ein Großteil der Einrichtung noch erhalten. Sie ließ den Palazzo von Giovanni Battista Meduna pompös umbauen und um eine ansehnliche Gemäldesammlung bereichern. Sogar ein Theater ließ sie erbauen. Im Palast fanden nun prunkvolle Empfänge statt.
Die veränderte politische Lage zwang die Herzogin von Berry jedoch dazu, die Kunstsammlung 1865 in Paris zu versteigern. Der Palast wurde Eigentum des Grafen von Chambord, dem Sohn der Herzogin, der ihn in Wohnungen aufteilte. In einer von ihnen, in Halbegeschoß, lebte einige Jahre Richard Wagner, der dort seinen Parsifal komponierte. Von den Erben des Grafen von Chamborg ging Ca’ Vendramin Calergi im Jahre 1926 in den Besitz des Grafen Giovanni Volpi di Misurata über. 1946 schließlich wurde der Palast der Stadtverwaltung Venedigs überlassen. Heute ist er der Wintersitz der Städtischen Spielkasinos.